Glöckle Rechtsanwälte

Zeugenbeistand

Ein Zeugenbeistand stellt für Zeugen, die zu einer Vernehmung geladen sind und eine Aussage machen müssen, eine wertvolle Unterstützung dar. Wer als Zeuge zu einer Vernehmung bei der Polizei, Staatsanwaltschaft oder beim Gericht erscheinen muss, ist dazu verpflichtet wahrheitsgemäß auszusagen. Es ist nicht nur eine vorsätzliche Falschaussage vor Gericht strafbar, sondern ebenso der fahrlässige Falscheid und die fahrlässige Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung. In diesem Zuge kann eine Aussage für den Zeugen problematisch werden und ein Zeugenbeistand nützliche Hilfestellung bieten. Besonders in Fällen, in denen eine mögliche Selbstbelastung im Raum steht, kann dies von großer Bedeutung sein. Der Zeuge hat das Recht von einem Zeugenbeistand begleitet zu werden. Dies kann nicht versagt werden.

 

In der Praxis sind Zeugen häufig in der eigenen Vernehmungssituation überfordert und geraten durch die Vernehmungsbehörden unter Druck. Dies kann sich auf die Aussage auswirken – im schlimmsten Fall zulasten des Zeugen, wenn bestehende Aussageverweigerungsrechte nicht wahrgenommen werden. Ein Zeugenbeistand ist in der Lage, den Zeugen auf eine Vernehmung vorzubereiten und ihn vorab mit der auf ihn zukommenden Situationen zu konfrontieren. Er trägt dazu bei, dass Zeugenaussagen unter fairen und geschützten Bedingungen erfolgen und dass Zeugen sich nicht übermäßigem Druck oder unangemessenen Befragungsmethoden ausgesetzt sehen. Der Zeugenbeistand unterstützt den Zeugen daher seine eigenen Rechte und Pflichten zu verstehen, zu wahren und effektiv durchzusetzen.

Was ist ein Zeugenbeistand?

 

Ein Zeugenbeistand dient dem Schutz sowie der Unterstützung von Zeugen in strafrechtlichen Verfahren. Die gesetzlich verankerte Möglichkeit, einen Zeugenbeistand zu nutzen, ermöglicht es einem Zeugen, sich in bestimmten Situationen durch einen anwaltlichen Beistand vertreten zu lassen. Dieses Recht steht dabei jedem zu, der als Zeuge vernommen werden soll. Der Zeuge muss alle ihm während der Vernehmung gestellten Fragen umfassend und wahrheitsgemäß beantworten, wenn ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Durch die Mitwirkung eines Zeugenbeistands soll der Zeuge zum einen in die Lage versetzt werden, Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde selbständig wahrzunehmen und zum anderen auf seine Vernehmung Einfluss zu nehmen.

 

Der Zeugenbeistand ist für das Strafverfahren in § 68b StPO gesetzlich verankert. Der Anspruch einen Zeugenbeistand hinzuzuziehen, folgt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts aus dem Gebot einer fairen Verfahrensgestaltung und dem durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht des Zeugen.

 

Wann kann ein Zeugenbeistand beauftragt werden?

 

Ein Zeugenbeistand kann den Zeugen nicht nur bei Vernehmungen vor Gericht, sondern bei sämtlichen Vernehmungen (auch solche bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft) in allen Verfahrensabschnitten begleiten.

 

Der Zeuge kann selbst entscheiden, ob und wann er es für geboten hält, einen Rechtsbeistand hinzuzuziehen. Ein Zeuge muss keine Begründung vorweisen, warum er sich eines Zeugenbeistands bedient. Dieser muss daher nicht vor der Vernehmung explizit „zugelassen“ werden.

 

Auch kann ein Zeugenbeistand nicht nur bei bestimmten Deliktsarten oder Voraussetzungen hinzugezogen werden.

Welche Pflichten hat ein Zeuge?

 

Gem. § 168 Abs. 3 StPO muss ein Zeuge bei einer entsprechenden Ladung bei der Polizei erscheinen und zur Sache auszusagen. Zudem sind Zeugen verpflichtet vor dem Gericht (§ 48 Abs. 1 StPO) und der Staatsanwaltschaft (§ 161 a Abs. 1 StPO) auf Ladung zu erscheinen und auszusagen.

 

Wie läuft eine Zeugenvernehmung ab?

 

Die Zeugenvernehmung beginnt mit der Feststellung der Personalien des Zeugen. Für die Angaben zur Person besteht kein Zeugnisverweigerungsrecht. In einer gerichtlichen Hauptverhandlung erfolgt sodann die allgemeine Belehrung des Zeugen, die § 57 StPO vorschreibt, folglich ein Hinweis auf die Wahrheitspflicht, die Eidespflicht, die Bedeutung und die Wahlmöglichkeit des Eides sowie die strafrechtlichen Konsequenzen unrichtiger oder unvollständiger Angaben. Bei einer Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft oder die Polizei erfolgt in der Regel nur eine Belehrung über die Wahrheitspflicht.

 

Vor der Vernehmung soll der Vernehmende dem Zeugen den Untersuchungsgegenstand kurz erläutern und, sofern bekannt, den Namen des Beschuldigten mitteilen. Gem. § 69 StPO soll der Zeuge sodann über den Vorgang aus seiner eigenen Erfahrung eigenständig berichten. Hierdurch erhält sein Gegenüber am ehesten ein möglichst unverfälschtes Bild des Geschehens. Es ist dabei jedoch nicht ausgeschlossen, dass ein Zeuge sich vor der Vernehmung auf diese vorbereitet, beispielsweise durch ein Aktenstudium, andere schriftliche Unterlagen oder mit einem Zeugenbeistand. Wenn die Angaben des Zeugen nicht ausreichend oder unvollständig sind, kann der Vernehmende durch Nachfragen noch bestehende Lücken klären. Der Zeuge kann zudem schriftliche Unterlagen zur Vernehmung mitbringen und diese verwenden. Insbesondere bei länger zurück liegenden Vorgängen kann dies sinnvoll sein. Die Aussage des Zeugen wird in der Hauptverhandlung in der Sitzungsniederschrift aufgenommen. Auch im Ermittlungsverfahren und im Fall der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung wird die Aussage protokolliert.

Welche Aufgaben hat ein Zeugenbeistand?

 

Der Zeugenbeistand hat die Aufgabe die Rechte des Zeugen in allen Verfahrensstufen zu wahren, durchzusetzen und auf die Beachtung der sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen hinzuwirken.

 

Ein Zeugenbeistand kann sowohl vor einer Vernehmung beratend tätig werden und auf die jeweilige Vernehmung vorbereiten. Im Fokus stehen in diesem Zusammenhang selbstredend die Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechte. Beispielsweise kann im Rahmen der Vorbereitung der Zeuge durch seinen Zeugenbeistand darüber belehrt werden, dass er die Möglichkeit hat auch bei einem umfassenden Zeugnisverweigerungsrecht Teilangaben zu machen und dass jedoch dieses teilweise Schweigen von den Ermittlungsbehörden verwertet werden kann. Dies sind lediglich beispielhafte Aspekte, die ein Zeuge allein nicht vollständig erfassen kann. Der Zeugenbeistand kann auch Fragen beanstanden, die er für „ungeeignet“ oder „nicht zur Sache gehörend“ hält. Daneben besteht die existenzielle Aufgabe eines Zeugenbeistands während der Vernehmung anwesend zu sein und dem Zeugen beizustehen.

 

Zusammenfassend ergeben sich unter anderem folgende Aufgaben des Zeugenbeistands:

 

  • Beratung vor der Vernehmung
  • Anwesenheit während der Vernehmung
  • Rüge bloßstellender Fragen
  • Möglichkeit Fang-, Suggestivfragen oder Fragen, die zu prozessfremden Zwecken gestellt werden, als ungeeignet bzw. nicht zur Sache gehörend zu beanstanden und zurückzuweisen
  • Hinwirkung auf den Ausschluss der Öffentlichkeit bei besonderen Umständen in der Hauptverhandlung (§§ 171b, 172 GVG)
  • Hinweis auf die Möglichkeit für den Zeugen bei der Vernehmung zur Sache sein Wissen zunächst im Zusammenhang vorzutragen (§ 69 Abs. 1 S. 1 StPO)
  • Unterstützung des Zeugens bei der Verteidigung gegen drohende oder verhängte Ordnungsmittel
  • Stellung von Anträgen und Anbringung von Erklärungen
  • Prüfung und Korrektur der Protokollierung der Aussage

Die Aufgaben vom Zeugenbeistand im Überblick

Infografik zum Zeugenbeistand

Wann wird ein Zeugenbeistand benötigt?

 

Es kann nicht pauschal festgelegt werden, in welchen Fällen ein Zeugenbeistand erforderlich ist. In jedem Fall ist ein Zeugenbeistand nicht nur bei schwierigen oder komplexen Konstellationen für Zeugen hilfreich. Selbstverständlich steht jedem Zeuge ein Zeugnisverweigerungsrecht bzw. Auskunftsverweigerungsrecht für Fragen zu, deren Beantwortung ihn selbst oder einen nahen Angehörigen einem Strafverfolgungsrisiko aussetzen würde. In der Regel ist es für einen Zeugen allerdings äußerst schwierig vor oder während seiner Aussage vorherzusehen, ob diese Situation eintritt. Vor diesem Hintergrund ist es ratsam einen Rechtsanwalt als Zeugenbeistand in einem Ermittlungs- oder Strafverfahren beizuziehen. Eine alleinige Belehrung durch Ermittlungsbehörden oder Gerichte im Hinblick auf die Rechte und Pflichten als Zeugenbeistand ist dabei leider oftmals nicht ausreichend, um die Rechte eines Zeugen vollumfassend zu wahren. Auch gezielte Warnhinweise in heiklen Vernehmungssituationen muss der Vernehmende nicht erteilen. Daneben ist es regelmäßig durchaus erforderlich, dass sich Zeugen bereits vor der Vernehmung mit ihrer Aussage auseinandersetzen und nicht unvorbereitet bei der Vernehmung erscheinen.

 

Keineswegs soll durch den Hinweis auf eine Vorbereitung der Eindruck stehen, dass ein Zeugenbeistand dazu dient die Aussage des Zeugen zu „verwässern“ oder gar zu verfälschen. Allerdings kommt es in der Praxis häufig vor, dass im Druck der Vernehmungssituation der Zeuge seine eigenen Rechte nicht mehr verlässlich kennt oder bewusst schützen kann. An dieser Stelle kommt der Zeugenbeistand zum Einsatz, der genau hierauf achtet und dem Zeugen durch seine Anwesenheit und ein etwaiges Eingreifen Sicherheit bieten kann. Zudem kann ein Zeugenbeistand besser als der Zeuge selbst den Vernehmungsablauf vorhersehen, um auf einzelne Fragen entsprechend reagieren zu können.

Kann die Mitwirkung eines Zeugenbeistands ausgeschlossen werden?

 

Unter bestimmten Umständen kann ein Zeugenbeistand von der Mitwirkung ausgeschlossen werden. Der Zeugenbeistand kann ausgeschlossen werden, wenn seine Anwesenheit die Beweiserhebung nicht nur unwesentlich beeinträchtigen würde. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Teilnahme eines Beistands dazu missbraucht wird, eine geordnete und effektive Beweiserhebung zu erschweren oder zu verhindern. Ein Ausschluss kommt beispielsweise in den folgenden Konstellationen infrage:

 

  • wenn der Zeugenbeistand in einen Verdacht der Teilnahme gerät oder sich gegen ihn der Verdacht einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei richtet

 

  • bei einer möglichen Kollision der Interessen des Zeugenbeistands mit denen des Zeugen oder

 

  • wenn der Zeugenbeistand bei der Vernehmung erlangte Erkenntnisse zu Verdunkelungshandlungen nutzen oder in einer den Untersuchungszweck gefährdenden Weise weitergeben könnte.

 

Für einen Ausschluss des Zeugenbeistands ist es allerdings nicht ausreichend, wenn dieser dem Zeugen dazu rät von seinem Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen oder eine Frage beanstandet, selbst wenn hierdurch die Sachverhaltsaufklärung erschwert wird.

 

Wie finde ich einen Zeugenbeistand?

 

In bestimmten Fällen kann dem Zeugen sogar von Amts wegen ein Zeugenbeistand beigeordnet werden. Die Beiordnung eines Zeugenbeistands soll allerdings eine Ausnahme bleiben. Die Schutzbedürftigkeit des Zeugen muss deshalb auf konkreten Gesichtspunkten beruhen; diese muss ohne weitere Beweiserhebung objektiv erkennbar sein. Dies gilt für Zeugen, die bei ihrer Vernehmung keinen anwaltlichen Beistand haben und deren schutzwürdige Interessen nicht anderweitig geschützt werden können, beispielsweise Kinder oder andere schutzwürdige Personengruppen.

Zeugenbeistand

Wie werden wir für Sie tätig?

Präventive Beratung

Die Anwälte der Kanzlei sind mit der Übernahme von Zeugenbeiständen umfangreich vertraut. Wir beraten Sie im Hinblick auf Ihre Zeugenaussage vor dem Gespräch und besprechen mögliche Konfliktpunkte, wie beispielsweise die Strafbarkeitsrisiken durch eine unwahre Aussage sowie bestehende Zeugnis- und Aussageverweigerungsrechte. 

Rechtliche Unterstützung während der Vernehmungen

Während Ihrer Aussage sind wir anwesend und können unmittelbar in die Vernehmung eingreifen, sofern unzulässige Fragen gestellt werden oder das Risiko besteht, dass Sie sich durch eine Beantwortung der Frage möglicherweise selbst belasten. Als anwaltlicher Zeugenbeistand können insbesondere unzulässige Fragen und Suggestivfragen beanstandet werden oder in speziellen Fällen ein Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit gestellt werden.

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