Oftmals läutet das Telefon und der Mandant beginnt das Gespräch mit den Worten: „Hier steht die Polizei vor meiner Tür und möchte meine Wohnung durchsuchen.“ Eine Durchsuchung (§ 102 ff. StPO) kann vielfältige Gründe haben und nicht immer ist die Polizei involviert. Ebenfalls kann die Steuerfahndung durchsuchen, wenn sie den Verdacht einer Steuerverkürzung annimmt oder die Zollbehörde bei Anhaltspunkten für „Schwarzarbeit“. Im Falle einer Durchsuchung stellen sich Betroffenen eine Vielzahl von Fragen, wie beispielsweise „Dürfen die das?“ oder „Wie verhalte ich mich jetzt am besten?“
Eine Durchsuchung bedeutet, dass staatliche Behörden gezielt nach Beweismitteln suchen, zum Beispiel in einer Wohnung, bei einer Person, in einem Kraftfahrzeug oder in Geschäftsräumen. Die Anordnung wird in der Regel von einem Richter vorgenommen. Es bestehen unterschiedliche Arten einer Durchsuchung, darunter die Durchsuchung der Person oder die Durchsuchung der Wohnung – bei beiden gelten strenge gesetzliche Vorgaben.
Wir informieren Sie nachfolgend kompakt, was unter einer Durchsuchung zu verstehen ist, wann eine Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume oder einer Person angeordnet werden darf und wie Sie im Notfall richtig reagieren.
Die Durchsuchung und die Beschlagnahme sind strafprozessuale Zwangsmaßnahmen, das heißt, staatliche Eingriffe in die Rechte von Personen, um Beweise zu sichern oder Tatverdächtige zu finden. Eine Durchsuchung nach § 102 StPO kann angeordnet werden bei Personen, die als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig sind. Es können dabei die Wohnung und andere Räume sowie die Person selbst als auch ihr gehörende Sachen durchsucht werden. Zulässige Zwecke einer Durchsuchung sind einerseits
Ebenfalls kann nach § 103 StPO eine Durchsuchung auch bei anderen Personen durchgeführt werden, die zwar nicht einer Straftat verdächtig sind, aber eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass in den zu durchsuchenden Räumen bestimmte Beweismittel gefunden werden können oder die verdächtige Person aufgegriffen werden kann (Beispiel: Durchsuchung in einem Unternehmen, wenn der Arbeitnehmer einer Straftat verdächtig ist).
In der Praxis steht die Durchsuchung als Ermittlungsmaßnahme häufig im Fokus, da sie oftmals mit einer Unterwanderung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung, einer Aushöhlung des Richtervorbehalts durch die missbräuchliche Annahme von Gefahr im Verzug sowie mit unzureichend begründeten Durchsuchungsbeschlüssen einhergeht. Die Einbindung eines verlässlichen Strafverteidigers / Fachanwalts für Strafrecht ist daher unerlässlich. Die Aufgabe des Rechtsbeistands besteht darin, dem von der Durchsuchung betroffenen Mandanten Verhaltenshinweise zu geben und ihn zu beruhigen. Gleichzeitig überwacht dieser die Durchführung der Durchsuchungsmaßnahmen und achtet auf ihre Rechtmäßigkeit.
Die Durchsuchung wird gemäß § 105 StPO vom Richter angeordnet. Bei Gefahr im Verzug können ebenfalls die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (Polizei) die Durchsuchung anordnen. Die Ermittlungsbehörden müssen den sogenannten Richtervorbehalt beachten und zunächst versuchen, eine Entscheidung des zuständigen Richters einzuholen, bevor sie Gefahr im Verzug annehmen. Gefahr im Verzug im Sinne von § 105 Abs. 1 S. 1 StPO liegt vor, wenn die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde. Gefahr im Verzug setzt dabei eine auf konkreten Tatsachen beruhende Gefährdung des Untersuchungserfolgs voraus, insbesondere die Gefahr eines drohenden Beweismittelverlusts, falls eine Durchsuchung nicht sofort, sondern erst nach einer richterlichen Entscheidung erfolgen würde. Auf keinen Fall darf der Richtervorbehalt dadurch umgangen werden, dass die Ermittlungsbehörden mit einem Durchsuchungsantrag so lange abwarten, bis Gefahr im Verzug eingetreten ist. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass zur Sicherung des Grundrechtsschutzes Staatsanwaltschaft und Polizei genau darlegen müssen, warum ein richterlicher Beschluss nicht eingeholt wurde.
Was ist ein Durchsuchungsbeschluss?
Der Durchsuchungsbeschluss gibt Aufschluss über mehrere Dinge, die im Zusammenhang mit der Durchsuchung stehen. Zum einen ist diesem zu entnehmen, gegen wen überhaupt ermittelt wird. Dieser unterscheidet sich jeweils danach, ob die Durchsuchung gegen den Beschuldigten direkt oder bei anderen Personen vollstreckt wird. Zum anderen ergibt sich aus dem Durchsuchungsbeschluss, warum und welche Beweismittel gesucht werden. Weitere Informationen hierzu erhalten Sie in unserem Blog-Beitrag zum Thema: Der Durchsuchungsbeschluss – Auf was Sie achten müssen.
Manche Durchsuchungs- und Beschlagnahmeaktionen dauern Stunden, bisweilen dauern sie sogar Tage oder Wochen an; andere Aktionen dieser Art hingegen sind nach kurzer Zeit bereits beendet. Eine Unternehmensdurchsuchung wird meist von mehreren Dutzend Beamten durchgeführt, allenfalls bei einfach gelagerten Sachverhalten erscheinen wenige Kriminalbeamte am Empfang und bitten um ein Gespräch mit der Geschäftsleitung.
Grundsätzlich ist der Beginn einer Durchsuchung dadurch markiert, dass Ermittlungsbeamte sich an den Wohn- oder Geschäftsräumen einfinden und unter Eröffnung der Maßnahme um Zugang bitten. Gesucht werden darf nach Beweismitteln, die beschlagnahmt werden können und damit keinem Beschlagnahmeverbot unterliegen. Es ist ausreichend, dass dem Gegenstand eine potenzielle Beweisbedeutung zukommt; es muss dabei nicht bereits zum Zeitpunkt der Durchsuchung feststehen, für welche Beweisführung der Gegenstand Bedeutung erlangt.
Generell ist eine Durchsuchung zwischen 21:00 Uhr – 6:00 Uhr unzulässig, vgl. § 104 Abs. 3 StPO. Eine Differenzierung zwischen Sommer- und Winterzeit gibt es nicht mehr. Räume dürfen lediglich dann zur Nachtzeit bei Verfolgung einer frischen Tat oder bei Gefahr im Verzug durchsucht werden, außer wenn sie jedermann zugänglich oder der Polizei als Aufenthaltsorte vorbestrafter Personen, als Ablageort kriminell erlangter Sachen oder als Schlupfwinkel des Betäubungsmittel- oder Waffenhandels oder der Prostitution bekannt sind (§ 104 StPO).
Sofern eine Person als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei im beschriebenen Sinne „verdächtig“ ist, kommt zum einen eine Durchsuchung zum Zweck seiner Ergreifung (Ergreifungsdurchsuchung) in Betracht. Daneben kann diese auch zur Auffindung von Beweismitteln eingesetzt werden (Ermittlungsdurchsuchung), vgl. § 102 StPO.
Welche Voraussetzungen müssen für eine Durchsuchung vorliegen?
Im Hinblick auf die rechtlichen Voraussetzungen für eine Durchsuchung wird unterschieden, ob es sich um eine Durchsuchung handelt, die beim Betroffenen stattfindet (siehe § 102 StPO), der gleichzeitig Verdächtiger ist oder bei einer Person, die als unbeteiligter Dritter einzustufen ist (siehe § 103 StPO).
Wann kann eine Durchsuchung beim Verdächtigen durchgeführt werden?
Es muss ein sogenannter Anfangsverdacht vorliegen. Die Durchsuchung ist zulässig,
Da es sich hierbei um die Annahme zwei bloßer Vermutungen handelt, besteht die Gefahr einer zu weitgehenden Annahme dieser Voraussetzungen. Die Vermutungen müssen daher mit tatsächlichen Anhaltspunkten belegt werden. Gerade bei anonymen Anzeigen ist besondere Vorsicht geboten, da das Risiko einer unbegründeten Verdächtigung kaum einzuschätzen ist. Deshalb müssen die Voraussetzungen für einen Tatverdacht in solchen Fällen mit besonderer Sorgfalt geprüft werden.
Eine Durchsuchung muss ebenfalls verhältnismäßig sein. Durch die Durchsuchung wird in elementare Grundrechte des Betroffenen eingegriffen, insbesondere in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) und des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG). Dem Betroffenen droht eine umfassende Durchsuchung seiner Räume und Behältnisse, die mit erheblichem Aufwand für die Wiederherstellung der Ordnung verbunden sein kann. Dabei sind auch Maßnahmen wie das Aufbrechen von Türen und Schlössern, das Aufstemmen von Wänden und Böden sowie das Aufgraben von Grundstücken möglich.
Die Durchsuchung muss in einem angemessenen Verhältnis zur Stärke des bestehenden Tatverdachts stehen. Die Verhältnismäßigkeit kann beispielsweise entfallen, wenn im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft eine Kooperationsbereitschaft dahingehend angeboten wird, dass Unterlagen freiwillig herausgegeben werden oder sich zur Sache eingelassen wird. Sofern dann dennoch eine Durchsuchung veranlasst wird, ist die Verhältnismäßigkeit stark zu hinterfragen.
Durchsucht werden können nach § 102 StPO
Die Durchsuchung der Person bezieht sich auf die Kleidung und die Körperoberfläche der Person sowie ohne medizinische Hilfe zugängliche Körperöffnungen (z. B. Mund).
Was sind Räume, die durchsucht werden können?
Als Wohnungen und Räume im Sinne des § 102 StPO gelten alle Räume, die der Verdächtige tatsächlich nutzt oder in seinem Besitz hat. Es reicht aus, wenn er den Raum mit anderen teilt. Dazu gehören nicht nur Betriebs- und Geschäftsräume, sondern auch Räume, die der Verdächtige nur vorübergehend nutzt, wie etwa Hotelzimmer.
Welche Unterlagen müssen in Rahmen einer Durchsuchung herausgegeben werden?
Es müssen lediglich Dokumente oder andere Unterlagen herausgeben werden, wenn diese tatsächlich von dem Durchsuchungsbeschluss gedeckt sind. Zudem sind nur solche Beweismittel herauszugeben, die auch beschlagnahmt werden dürften (§ 97 StPO). Inwiefern dies der Fall ist, prüft der hinzugezogene Anwalt, der die Durchsuchung begleitet. Wer von einer Durchsuchung betroffen ist, muss grundsätzlich nicht aktiv mithelfen. Man ist nicht verpflichtet, den Beamten zu helfen. Es kann jedoch in manchen Fällen sachdienlich sein, sich kooperativ zu zeigen und gezielt bei der Suche nach bestimmten Unterlagen oder Gegenständen zu helfen. Auf diese Weise lässt sich oft vermeiden, dass unnötig viele Dokumente oder für den Betrieb wichtige Unterlagen mitgenommen werden und der Geschäftsablauf ins Stocken gerät.
Wenn in einem Ermittlungsverfahren nicht beim Beschuldigten, sondern bei einer anderen und unverdächtigen Person eine Durchsuchung durchgeführt werden, so richtet sich diese nach den Voraussetzungen von § 103 StPO. Zum einen ist diese Durchsuchung nur zur Ergreifung des Beschuldigten (nicht eines bloß Verdächtigen) zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Person oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Zum anderen kann eine Durchsuchung nur zum Auffinden bestimmter Beweismittel und Spuren durchgeführt werden.
Die Voraussetzungen zum Auffinden bestimmter Beweismittel bei einer unbeteiligten dritten Person sind dabei deutlich strenger als bei einer Durchsuchung beim Verdächtigen selbst. Die Durchsuchung ist nur bei spezifischen Gegenständen zulässig, wenn durch konkrete Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass durch die Durchsuchung bestimmte Beweismittel gefunden werden. Da solche prozessualen Zwangsmaßnahmen erheblich in die Rechte unverdächtiger Personen eingreifen, müssen nachvollziehbare Anhaltspunkte vorliegen – bloße Vermutungen reichen nicht aus. Diese Tatsachen müssen den Schluss zulassen, dass die gesuchte Person, eine bestimmte Spur oder ein bestimmter Gegenstand mit hoher Wahrscheinlichkeit in den zu durchsuchenden Räumen anzutreffen ist (sogenannter Auffindungsverdacht).
Die Durchsuchung wird ebenfalls vom Richter angeordnet, bei Gefahr im Verzug durch die Staatsanwaltschaft (§ 105 Abs. 1 S. 2 StPO). Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände (oder dessen Vertreter) hat ein Anwesenheitsrecht während der Durchsuchung (gem. § 106 StPO).
Nicht beschuldigte Dritte haben den Status eines Zeugen. Hiernach richten sich auch ihre strafprozessualen Rechte und Pflichten während der Durchsuchung. Zeugen müssen über ihre eigenen Kenntnisse und Informationen über den Beschuldigten und dem vorgeworfenen Sachverhalt wahrheitsgemäße Angaben machen. Ein Aussageverweigerungsrecht besteht nur dann, wenn ein Zeugnisverweigerungsrecht vorliegt, das immer auf persönlichen Gründen des Zeugen beruht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Zeuge in einem engen Angehörigenverhältnis zum Beschuldigten steht (§ 52 StPO) oder wenn der Zeuge als Berufsgeheimnisträger Fragen beantworten müsste, die das besonders geschützte Vertrauensverhältnis betreffen (siehe § 53 StPO).
Daneben kann eine Aussage ganz oder teilweise verweigert werden, wenn ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO vorliegt, also der Zeuge sich bei einer wahrheitsgemäßen Aussage in die Gefahr begeben würde, sich oder einen nahen Angehörigen selbst einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit zu belasten. Es ist in jedem Fall ein Zeugenbeistand anzuraten, der über die Rechte und Pflichten aufklären kann.
Sollten Arbeitgeber ihre Mitarbeiter präventiv auf eine Durchsuchung vorbereiten?
Eine Durchsuchung stellt ein überaus belastendes Szenario dar und bildet die Ausgangsbasis weiterer Ermittlungen. Ein entsprechendes Briefing ist daher unerlässlich. Notwendig ist zumindest die Information der Mitarbeiter, ob und wann Unternehmensunterlagen herausgegeben werden dürfen und welcher Anwalt kontaktiert und zur Durchsuchung hinzugezogen werden sollte.
Gerne erarbeiten wir für Sie eine individuelle Checkliste für Empfangsmitarbeiter.
Unmittelbar nach Abschluss der Durchsuchung ist es wichtig, systematisch vorzugehen, um rechtliche Nachteile zu vermeiden und die Weichen für die weitere Verteidigung zu stellen.
Gerade bei einer Durchsuchung müssen häufig komplexe rechtliche Fragestellungen berücksichtigt und in einer Ausnahmesituation schnelle, aber weitreichende Entscheidungen getroffen werden. Daher ist es in solchen Situationen besonders sinnvoll, sich frühzeitig durch einen Rechtsanwalt beraten und begleiten zu lassen – selbst dann, wenn Betroffene davon ausgehen, dass „nichts“ Belastendes im Rahmen der Durchsuchung gefunden wird.
Wir werden uns schnellstmöglich zum Ort der Durchsuchung begeben und sicherstellen, dass die Durchsuchung rechtskonform durchgeführt wird. Vor diesem Hintergrund achten wir insbesondere darauf, dass die Durchsuchung nicht von den Beamten genutzt wird, Mandanten in unbedachte Gespräche zu verwickeln, um gewünschte Informationen zu erhalten. Ebenso gewährleisten wir, dass nur Gegenstände beschlagnahmt werden, die auch vom Durchsuchungsbeschluss umfasst sind.
Nach Abschluss der Durchsuchung führen wir ein ausführliches Gespräch mit Ihnen, in dem wir die Maßnahme gemeinsam besprechen, rechtlich einordnen und das weitere Vorgehen – zum Beispiel die Einlegung von Rechtsmitteln oder die Vorbereitung auf mögliche Zeugenvernehmungen – abstimmen.
Daneben prüfen wir, ob der Durchsuchungsbeschluss rechtmäßig ist und den rechtsstaatlichen Anforderungen an einen Durchsuchungsbeschluss genügt (Tatzeit, Tatort, hinreichende Bestimmung der gesuchten Beweismittel).
Wir legen ebenfalls Beschwerde (§ 304 StPO) gegen den Durchsuchungsbeschluss ein. Mit der Beschwerde wird geprüft, ob der Beschluss rechtmäßig war und die Voraussetzungen für eine Durchsuchung vorlagen.